Liebe interessierte Mitleser,
heute möchte ich euch an einer aufschlussreichen Tieraufstellung mit der 11 jährigen Stute Linna und der anschließenden Entwicklung teilhaben lassen.
Linna zeigt seit 6 Monaten beim Reiten , Longieren und Führen krampfhaftes Kauen bzw. schiefe Kaubewegungen mit nach unten gestreckten Kopf. Dies ergeht meist im Zusammenhang mit Schnappen und Zwicken. Der eigentliche Schmerzpol konnte bislang durch verschiedene Untersuchungen nicht gefunden werden.
Außerdem möchte ihre Halterin Mareike erfahren ob ihre Stute Schmerzen im abgerissenen Hüfthöcker spürt (Unfall vor 6 Jahren) und das Reiten evtl. als Belastung empfinden könnte?
Wie immer fühlt sich bei meiner Aufstellungsarbeit eine neutrale menschliche Stellvertreterin in die Rolle des betroffenen Tieres ein. Außerdem arbeiten wir mit Symbolen um einen Blick auf die Situation zu erhalten und Unbewusstes sichtbar zu machen.
So erhielten wir folgende Informationen von Linna:
Mich begrüßte eine etwas zwiegespaltene Stute, die gleich betonte, dass ihre Launen immer Tagesform abhängig sind. Sie entschied sich spontan für Freundlichkeit und teilte mit, dass sie manchmal unter Schmerzen bzw. Verspannungen im Bereich der Hüfte leidet.
„Dann bin ich manchmal unfair. Ich bin schief ausgerichtet, Schmerz zieht vom Widerrist bis zwischen die Ohren. Kann mich nicht entspannen beim Vorwärts- Abwärts. Durch die schiefe Kopfhaltung will ich was lösen. Der Nasenriemen ist zu straff. Kann man den höher setzen? Habe das Gefühl meine Ganaschen werden abgedrückt und dann zeige ich Unwohlsein.“
„Frust auf beiden Seiten. Sie weiß ja, dass ich es besser kann!“
Linna legt Symbole auf den Tisch und wir schauen gemeinsam darauf.
Linna erklärt:
„Frauchen hat nicht so viel Geduld. Ist aber sehr einfühlsam und will das es mir gut geht. Sie macht viel für mich und ist gefrustet und genervt wenn es keine Ergebnisse gibt. Ich wünsche mir mehr Zeit von Frauchen, besonders wenn es mir schlecht geht. Mag es, stundenlang geputzt und umsorgt zu werden.“
Zum Hüfthöcker:
„Oft Schmerzen, besonders bei Wetterumschwüngen und Kälte. Es macht mir Spaß geritten zu werden, das bedeutet Entspannung. Wenn ich gute Tage habe, bin ich auch zufrieden. Ich liebe es wenn mein Frauchen zufrieden mit mir ist. „
„Dressur ist OK, Springen nein. Keine großen Erschütterungen.“
„Schmerz zieht von oben ins rechte Vorderbein & den Schulterbereich. Longenarbeit lockert mich und lenkt von den Schmerzen ab. Gebiss ist merkwürdig.
Metall unterschiedlich? Oder alt? Es hakt im Kiefer, Zähne lang bzw. Haken?“
„Ich versuche Spannungen abzubauen. Ursache der Schmerzen sind im Hüfthöcker. Schieflage. Atlas = Blockaden, Kopf gestoßen und Nerv getroffen?“
„Habe mir öfter den Kopf gestoßen. Ich versuche es zu entspannen/ lösen aber es geht nicht mehr. Ich schnappe aus Frust weil der Schmerz nicht aufhört. Möchte unbedingt weiter geritten werden. Möchte, dass es besser wird und ich glänzen kann.“
„Nehmt mir den Schmerz und Druck. Oben zwischen den Ohren ist es am schlimmsten. Ich mag mich manchmal selbst nicht mehr. Möchte, dass wir uns beide wohlfühlen. Es strahlt vom Kopf rechts bis zum Widerrist.“
„Ich habe nun Klarheit: Es handelt sich um 2 voneinander unabhängige Sachen. Im Sommer habe ich weniger Schwierigkeiten mit der Hüfte. Ich bin bereit zu arbeiten. Wärme tut gut. Ganasche ist wie verhakt.“
„Ich ertrage es kaum, dass mein Frauchen weniger zufrieden mit mir ist. Ist nicht böse gemeint. Würde es toll finden wenn Frauchen eine Idee hat, was wir machen können. Es spitzt sich so zu. Sie soll nicht auf 1000 unterschiedliche Leute hören!“
Linna kann Veränderungen annehmen und verändert das ursprüngliche Bild.
Ich gebe ihr ein Symbol für Vertrauen, neuen Mut und Hoffung. Das kann sie sehr gut annehmen und dreht ihr Frauchen um, dass es wieder geerdet und sicher ist.
Ein weiteres Symbol erhält Linna als mein Versprechen, dass ich ihre Anliegen an Mareike weitergebe.
„Dann kann der Schmerz am Kopf in den Hintergrund rücken. Möchte wieder glänzen! Frauchen ist mir mehr zugewandt und nimmt mich ernst. Mehr Nähe lässt uns fester zusammen wachsen. Ich bin voller Zuversicht und ruhiger. Es wird etwas passieren, Frauchen weiß was richtig ist. Eigentlich macht mir die Arbeit Spaß und ich brauche Auslastung. Möchte ihr vertrauen.“
Zum Abschluss lasse ich Linna eine Lebenskarte ziehen. Auf dieser steht:
NEIN. Ist ein vollständiger Satz.
„Ich hoffe nicht, dass es für meine Diagnose steht. Symbol für den heutigen Tag, dass ich etwas ändern kann. Ich begebe mich vertrauensvoll in Frauchens Hände.“
-ENDE-
Im anschließenden Telefonat bestätigt Mareike mir die Charakterzüge ihrer Stute. Linna wird meistens gebisslos mit einem Sidepull geritten, welches aus Rohhaut besteht und an der rechten Seite des Nasenrückens gerissen und somit unangenehm für Linna war. Springen ist absolut nicht Linna´s Stärke und wird auch nicht weiter gefördert.
Wird Linna mit Gebiss geritten, zeigt sie direkt ihren Unmut. Deshalb geschieht das, wenn überhaupt, ca.1x im Jahr.
In der wärmeren Jahreszeit gibt es tatsächlich weniger Probleme mit dem abgerissenen Hüfthöcker als im Winter. Mareike wird ihr Pferd noch einmal durchchecken und sich nicht mehr von anderen Meinungen beeinflussen lassen.
Einen Monat später erhielt ich diese Nachricht:
Liebe Heike.
Wir hatten jetzt ein paar ganz andere Personen an Linna und es hat sich herausgestellt, dass der allerletzte Backenzahn auf einer Seite zu lang war. Der Zahnarzt zuvor hat das wohl nicht gesehen. Dadurch war dann Druck auf dem Kiefer, das Zungenbein blockiert und der Atlas auch nach dem Lösen schnell wieder fest.
Das Schnappen ist so gut wie gar nicht mehr vorhanden und ich denke das Kauen wird jetzt auch weniger. Sie muss erst mal merken, dass sie jetzt keine Schmerzen mehr hat und macht das noch intuitiv.
Mit einer ganz anderen gebisslosen Zäumung (unterlegtes Sidepull) läuft sie jetzt so zufrieden wie noch nie und diese ist auch nicht mehr so eng wie die Alte, die ja rechts auch noch kaputt war.
Allgemein ist Linna deutlich ruhiger geworden und kommuniziert eher mit uns, als ihren eigenen Kopf durchzusetzen. Ihre Tollpatschigkeit, dass sie sich ständig irgendwo stößt, kann man zwar nicht abstellen, aber wir verstehen sie jetzt viel besser. Vielen Dank, dass du uns auf den richtigen Weg geschubst und uns allen damit sehr geholfen hast.
Ja wir sind jetzt alle so viel entspannter und der Umgang miteinander wird immer besser. Du darfst das gern mit veränderten Namen veröffentlichen. Das war so schön ein paar Fälle von dir zu lesen, da möchte ich gern zu beitragen.
Liebe Grüße Mareike 😊